Manche haben mir gesagt, dass man den letzten Bericht nicht richtig versteht, und ich habe lange über Äthiopien und meine Erlebnisse nachgedacht und bin zum Entschluss gekommen, ein paar Sachen zu erklären.

 

Da ich in der Regel lange brauche um auf andere Menschen zuzugehen, habe ich auf meiner bisherigen Reise fast nur positive Erfahrungen gemacht. Wenn ich offen auf Menschen zugegangen bin, habe ich sehr viele interessante Leute kennen gelernt . Das änderte sich in Äthiopien schlagartig, denn die meisten (wirklich die meisten) mit Ausnahme von einer Handvoll Äthiopier denen ich begegnete, sehen in Ausländer nur einen Geldautomaten! In den ganzen viereinhalb Monaten bin ich nicht so oft enttäuscht worden als in den drei Wochen in Äthiopien.

Als ich bei einer Tankstelle kein Benzin bekam, weil es keinen Strom gab, besorgte ich mir Sprit auf dem Schwarzmarkt. An einer Kreuzung fragte ich einen Jugendlichen nach dem Laden, der drehte sich um und deutete mit dem Finger auf ein etwa 50 Meter entferntes von Hand gemaltes TOTAL Schild. Für diese Information wollte er umgerechnet 2,60 €.

Wenn man nach einem Restaurant oder einem bestimmten Geschäft fragt, helfen fast alle bereitwillig, aber am Ende wollen alle Geld.

Den Kindern wird auch nicht beigebracht, dass man andere Leute nicht permanent anfasst. Wenn man anhält, stehen gleich etliche Kinder um einen herum und es wird alles angegrabscht und was nicht angebunden ist, ist weg. Sie haben es sogar fertig gebracht, einen meiner festgeschnallten Reservekanister zu klauen, solange ich auf dem Motorrad saß.

Auf einem Campingplatz kletterte die Tochter so lange auf meinem Motorrad herum, bis es umfiel. Das Kind verletzte sich am Finger. Nicht schlimm -  nur ein Kratzer. Am Motorrad brach der Kupplungshebel  und der Fußraster  mit Kofferhalterung. Am Ende wollte die Mutter noch Geld von mir.  Vielleicht hat sie ja Recht, wenn eine deutsche Gemeinde unsicheres Spielzeug aufstellt bekommt man ja auch Schadenersatz???

 

Vom ersten Kilometer bis zum Letzten der 3000 Km begleiteten mich bettelnde Kinder  die nur Money, Money sagen konnten und nicht Hallo wie in den meisten anderen Ländern oder sie warfen Steine Ich muss allerdings sagen, dass mich nur drei getroffen haben. Die restlichen warfen sie so tief das nur die Strasse oder die Räder getroffen wurden.

In den Orten wo sich viele Touristen aufhalten müssen die Touristen fast immer das Doppelte oder Dreifache bezahlen als die Einheimischen.

 

Bei dem Helfer Brah handelt es sich wohl wirklich um das schwarze Schaf in der Familie. Seinem Bruder, der reichste Touristenführer in der Gegend um die Simiens`s , wie auch dem Polizeichef ging es nur darum, die Sache so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen.

 

Nun noch zu der Geschichte, die ich nicht ganz fertig erzählt habe.

Als wir drei auf dem Weg zu Brah´s Haus waren, gingen wir noch bei dem jungen Helfer vorbei ,denn das lag auf dem Weg, und wir schauten, ob dort der Esel ist, denn ein paar Tage zuvor wurde das Pferd für eine Nacht dort untergebracht. Aber weder der Esel noch der Helfer waren da, so dass wir zu Brah´s Haus gingen. Doch bevor wir dort ankamen, begegnete uns der Helfer, der von seinem Bruder darüber informiert wurde, dass wir den Esel suchen.

Als wir dann zu viert bei Brah´s Grundstück ankamen- alles mit hohen Blechzaun gesichert- und klopften, öffnete ein etwa 10 Jahre altes Mädchen, das wir schon bei der ersten Übernachtung kennen lernten. Als ich siei nach Brah fragt,e verschwand sie im Haus.  Ich schaute mich erst auf dem Grundstück nach dem Esel um, fand ihn aber nicht, und folgte dann dem Mädchen ins Haus. Dabei überraschte ich sie beim Telefonieren. Als sie mich bemerkte, legte sie sofort auf. Ich fragte sie mehrmals nach Brah, doch sie reagierte nicht. Daraufhin forderte ich sie auf ihn anzurufen und um dem Ganzen mehr Nachdruck zu verleihen, nahm ich zwei Gläser vom Tisch und zerschmetterte sie an dem Blechzaun im Vorgarten.

Die anderen drei schautem meinem Handeln entsetzt zu und der Helfer begann auf das Mädchen einzureden. Doch alles blieb ohne Wirkung. Als ich mich im Haus umsah, entdeckte ich auf einem Büffet  die Familienbilder, das wahrscheinlich Wertvollste in den drei Räumen in dem Haus .

Fu und ich nahmen alle 8 Bilder an uns und verliessen das Haus. Dem Mädchen erklärten wir, Brah könne die Bilder für 200 € bei uns abholen.

Schon auf der Strasse empfingen uns mindestens 30 Menschen, die uns mit dem weinenden Mädchen folgten. An der nächsten Strassenecke wurden wir von einem bewaffneten Sicherheitsmann (die gibt es dort überall für jeden Stadtteil) aufgehalten. Nach einigen Erklärungsversuchen einigten wir uns, dass wir gemeinsam zur Polizei gehen.    

Bei dem etwa 1 Km langen Fußmarsch durch die belebte Hauptstrasse hielten wir die Familienbilder hoch, so dass alle sie sehen konnten. Als wir endlich bei der Polizeiwache ankamen, hatten sich mindestens hundert Leute um uns geschart. Unsere anfängliche Euphorie wandelte sich bei dem Anblick in pure Angst, denn wir wussten, dass die meisten gute Freunde der Familie sind.

Doch nach kurzer Zeit löste der Polizeichef den Tumult auf und es blieben nur ein paar wenige im Innenhof der Polizei und das große Stahltor wurde geschlossen.

Auf unsere Bitte, im Innenhof der Polizei übernachten zu dürfen, da es war schon dunkel wurde, gab der Polizeichef mir einen bewaffneten Polizisten mit, um unsere Sachen vom nur 200 Meter entfernten Campingplatz zu holen. Da ich zuerst noch die Zelte abbauen und dreimal laufen musste, verging recht viel Zeit, bis ich im Büro des Polizeichefs war.

Die Verhandlungen warren schon sehr weit vorangeschritten. Fu und Karoline hatten sich mit den Anwesenden darauf geeinigt die Bilder zurückzugeben. Im Gegenzug erhielten sie die 200 €  von einem der Anwesenden Touristenführer, der telefonisch mit dem Bruder von Brah verbunden war. Karoline entschuldigte sich noch am Telefon bei Brah´s Bruder und bat um Verständnis für unser Verhalten.  Das Pferd, welches wir den ganzen Abend dabei hatten und bereits im Innenhof der Polizei stand, übergaben sie dem Chef samt Wagen mit der Bitte es einer armen Familie zu schenken.

Unsere Sachen wurden dann noch in ein gut gesichertes Hotel gebracht, in dem wir alle eine recht unruhige Nacht verbrachten. Die letzten Tage und vor allem die letzten Stunden waren doch sehr aufregend.

Beim gemeinsamen Frühstück gab es dann noch viel über unser Verhalten und besonders über meinen doch sehr emotionalen  Ausbruch zu diskutieren.

 

Der darauf folgende Abschied viel uns allen dann doch recht schwer und mich werden die gemeinsamen Erlebnisse noch geraume Zeit beschäftigen.